Eisen-Uli: Erst abgesoffen, jetzt ein Bayern-Fan

Uli Borowka, einst harter Verteidiger bei Mönchengladbach, will in Berlin wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen

„Uli Borowka“, grüßt der Mann mit dem Dreitagebart kurz und bündig. Bei der Erwähnung dieses Namens wären früher Bundesliga-Stürmern zum Selbstschutz in die Höhe gesprungen. Denn Ulrich Borowka, heute 41 Jahre alt, eilte ein Ruf voraus, dass selbst die Zuschauer in den vorderen Reihen Schienbeinschützer trugen, wenn er ins Stadion einlief. In den Achtziger- und Neunzigerjahren zählte der Sauerländer zu den härtesten Verteidigern in der Bundesliga und brachte es nach seiner Anstellung bei Borussia Mönchengladbach zu mehrfachen Meisterehren mit Werder Bremen.

Im Nationaltrikot war die Kampfkraft des athletischen Blondschopfs sechsmal zu bewundern. Bis er auf einen Gegner traf, der im Zweikampf Sieger blieb. Eisen-Uli gesteht seine Niederlage ein: „Ja, ich bin seit fünfeinhalb Jahren trockener Alkoholiker. Aber ich habe etwas gegen das Problem getan.“ Jetzt wartet der frühere Vollblutprofi in Berlin auf eine neue Betätigung. Denn nach einem erfolgreichen Trainerintermezzo beim chaotischen Viertligisten Berliner AK, das der Coach wegen Differenzen mit der Chefetage abrupt beendete, und einem Job in einer Sportmarketingfirma ist Borowka arbeitslos. „Ich möchte im Fußball tätig bleiben. Es gibt lockere Anfragen“, erzählt der Mann, der unter Trainergrößen wie Jupp Heynckes, Otto Rehhagel und Felix Magath sein Fußwerk ausübte.

Offenbar ist Borowka nicht leicht vermittelbar, was auch an den Gerüchten liegen mag, die neuerdings über ihn gestreut werden. „Eine Zeitung hat von einem Rückfall geschrieben. Das ist absoluter Schwachsinn. Ich bin mit mir im Reinen. Die Fehler, die ich gemacht habe, habe ich mit mir geklärt.“

Doch die Comeback-Versuche verlaufen nicht wie erwünscht. Der frühere Deutschland-Repräsentant berichtet, dass er seinem einstigen Bremer Arbeitgeber einen Spieler aus Argentinien ans Herz legen wollte. Werder winkte ab, erzählt Borowka und fügt trotzig hinzu, dass der Argentinier wenig später Olympiasieger wurde. Pech für die Bremer, aber auch für Eisen-Uli. „Vielleicht glauben sie mir nicht“, schwant ihm. „Doch die Leute, die mich kennen, wissen, was ich kann.“

In der Tat genießt Borowka bei Berliner Spielern und Funktionären einen guten Ruf. Vielleicht ist er einen Tick zu extrem. „Ich bin nicht der Typ, der der Frau des Präsidenten jede Woche Blumen schickt“, spottet Borowka. Doch das gehört inzwischen zum Knigge des Fußball-Showgeschäfts dazu. „Es ist heute 08/15 in jeder Beziehung“, mäkelt der bärtige Exnationalspieler, der nach seiner abgesoffenen Karriere in Deutschland als erster deutscher Profi in Polen anheuerte. Borowka ist eine ehrliche Haut, geradeaus und ohne Sprechfilter. Ein Fußballer, der nicht in die Diplomatenschule der kickenden Yuppis ging. Sein Credo: Was zählt, ist aufm Platz!

Nur wird das heutzutage eher selten honoriert. Borowka schwärmt inzwischen sogar für Bayern München, obwohl die Bajuwaren zu seiner aktiven Zeit die natürlichen Feinde von Bremen und Mönchengladbach waren. Aber jenseits der Umkleidekabine verhielten sich die Süddeutschen meisterlich. Gerd Müller, der Bomber der Nation, der wie Borowka dem Alkohol verfiel, wurde bei seinem sozialen Absturz von den Bayern-Granden Uli Hoeneß und Franz Beckenbauer aufgefangen. Ein solches soziales Netz hat Borowka wahrscheinlich gefehlt. Jetzt muss er sich wohl selbst eines stricken. JÜRGEN SCHULZ